Wie sollte vorgegangen werden, wenn
die Lärmbelastung durch nächtlichen
Schienenverkehrslärm an einem festgelegten Ort
mit der
Lärmbelastung durch nächtlichen Schienenverkehrslärm an einem anderen Ort
verglichen werden soll?
In Hamminkeln wird seit 2011 jede Zugvorbeifahrt dokumentiert.
Eine Darstellung sämtlicher Vorbeifahrten an den 7 Nächte einer Woche
wurde am 20.10.2016 im Rathaus von Hamminkeln vorgestellt:
Es gibt keine "durchschnittliche Nacht"
Aufweckreaktionen lassen sich weder aus Mittelungspegeln einer Stunde
noch aus denen einer Nacht bestimmen: sie werden durch Vorbeifahrpegel einzelner
Güterzüge oder Lokomotiven erzeugt, und diese Spitzenpegel sollten
bezüglich Wochentag, Uhrzeit, Höhe und Dauer registriert
und dokumentiert werden.
(F4)Wie sollte die Wirkung einer nächtlichen Vorbeifahrt auf einen schlafenden Menschen
bestimmt werden?
(F5) Wie sollte die Wirkung sämtlicher während einer Nacht vobeifahrenden
Züge auf einen schlafenden Menschen bestimmt werden?
(F6) Wie sollte berücksichtigt werden, dass die Vorbeifahrdauer eines Güterzuges
etwa 70 mal länger ist als die Vorbeifahrdauer eines Strassenfahrzeugs?
Nach einer Beschreibung der hier verwendeten Formel zur Addition einzelner Vorbeifahrpegel
von Schienen- und Straßenfahrzeugen während jeweils einer Stunde
werden charakteristische Merkmale nächtlicher Vorbeifahrten
einerseits der Verkehrsart Straße und andererseits der Verkehrsart Schiene dargestellt.
In einem zweiten Teil werden Aufweck-Kriterien beschrieben,
die sowohl bei Straßen- als auch bei Schienenverkehrslärm
zu kurzzeitigen Aufweckreaktionen führen können.
Ein dritter Teil beschreibt die Wirkung sämtlicher lauter Vorbeifahrten einer Nacht
- sowohl im Straßen- als auch im Schienenverkehr.
1. Messung und Addition von mehreren Verkehrs-Lärmpegeln
Zur Messung von Verkehrslärm an einem vorgegebenen Ort
in einem definierten Abstand von einer Lärmquelle (Straße oder Schiene)
werden Schallpegelmesser verwendet.
Um verschiedene Lärmsituationen infolge von Vorbeifahrten von Straßen- oder Schienenfahrzeugen
miteinander vergleichen zu können, werden hier jeweils die während einer Stunde
an einem geeigneten Ort
gemessenen Vorbeifahrpegel zu einem "Stundenpegel"
zusammengefasst.
Dieser soll dann für jeweils eine (Nacht-)Stunde die
Lärm-Belastung beschreiben.
2. Stundenpegel s(H)
Als "Stundenpegel" s(H) einer Stunde H gilt das für
eine Stunde H berechnete energetische Mittel der während dieser Stunde H
vorbeigefahrenen Schienen- bzw. Straßenfahrzeuge.
Wenn z.B.
n Pegel pi (mit einem Index i zwischen 1 und n)
innerhalb einer gewählten Stunde H
jeweils für eine Zeit ti wirken,
dann wird ein
Stundenpegel s(H)
nach der Formel
s(H)=51+10. log10
(summe(i=1) (i=n) t i / 3600
. 10 0,1 .
p i )
berechnet.
2.2 Beispiel H2 (Zwei Vorbeifahrten während einer Stunde)
Wir setzen: n=2, t1=12 s, t2=18 s,
p1 =68 dB(A), p2 =74 dB(A):
Dann ergibt sich der Stundenpegel
s(H2)=51+10. log10
(12 / 3600 . 10 6,8
+
18 / 3600 . 10 7,4
)
= 51 + 10. log10
(336,5 )=76,3
3. Nächtlicher Verkehrslärm
3.1 Nächtlicher Straßenverkehr
3.1.1 Annahme
Ein 5 Meter langes Straßenverkehrsmittel benötigt
für die Vorbeifahrt an einem festen Ort
bei einer Fahrt-Geschwindigkeit von 100 km/h
eine Vorbeifahrzeit t1=0,18 Sekunden
mit einem Vorbeifahrpegel p1=90 dB(A).
3.1.2 Abstands-Annahme
Nach der Vorbeifahrt herrscht während der Zeit t2=1,62 Sekunden
"Ruhe" mit einem Pegel p2=45 dB(A).
3.1.3 Zusammenfassung der Modellierung von nächtlichem Straßenverkehr
Es fährt während der 8 Nachtstunden alle 1,80 Sekunden
jeweils ein Straßenverkehrsmittel
mit einer Vorbeifahrzeit von 0,18 Sekunden.
Es folgt eine Lärm-Pause von 0,18 Sekunden.
Da sich diese Zeiten (0,18 s + 1,62 s = 1,80 Sekunden [Vorbeifahrzeit und Pause])
alle 1,80 Sekunden wiederholen,
und da 2000 . 1,80 Sekunden = 3600 Sekunden = 1 Stunde ist,
wird hier der nächtliche Straßenverkehr wie folgt modelliert:
Für 4 der 8 Nachtstunden:
2000 Vorbeifahrten pro Stunde auf der Straße,
(also insgesamt 6 Minuten Vorbeifahrzeit mit 90 dB(A))
und 54 Minuten Ruhe mit 45 dB(A).
Für die übrigen 4 Nachtstunden:
1000 Vorbeifahrten pro Stunde auf der Straße,
also insgesamt 3 Minuten Vorbeifahrzeit mit 90 dB(A)
und 57 Minuten Ruhe mit 45 dB(A).
3.2 Nächtlicher Schienenverkehr
3.2.1 Annahme
Ein 520 Meter langer Güterzug benötigt für die Vorbeifahrt an
einem festen Ort eine Vorbeifahrzeit t2 =24 Sekunden
mit einem mittleren Vorbeifahrpegel p3 = 85 dB(A) während 22 Sekunden und
einem maximalen Vorbeifahrpegel p4 = 100 dB(A) während 2 Sekunden.
3.2.2 Abstands-Annahme
Es fährt alle 10 Minuten ein Güterzug (also 6 Vorbeifahrten)
mit jeweils 24 Sekunden Vorbeifahrdauer:
22 Sekunden mit 85 dB(A) und 2 Sekunden mit 100 dB(A)
und in der übrigen Zeit einer Stunde, also in
t3:= 3600-6. 24=3456 Sekunden,
herrscht Ruhe mit einem Pegel p2=45 dB(A):
3456 Sekunden mit 45 dB(A).
4. Vergleichende Bewertung
4.1 Wirkung einer Vorbeifahrt auf den Schlaf eines Anwohners
Die Unterschiede zwischen Straßen- und Schienenverkehrslärm
bezüglich einess ruhigen Schlafes sind erheblich:
Während Vorbeifahrten von Straßen-fahrzeugen
häufig , (meist) nicht sehr laut, kürzer als 1 Sekunde
stattfinden,
führen Vorbeifahrten von Güterzügen
seltener, aber (meist) sehr laut, länger als 10 Sekunden
zu Aufwachrektionen.
4.2 Wirkung auf den Schlaf eines Anliegers
Die oben genannten prinzipiellen Unterschiede zeigen bereits,
dass es nicht ausreicht, für die Beschreibung der Lärmbelastung
an einem festen Ort
die Höhe eines Nacht-Mittelungspegels (als Mittel
über 8 Nachtstunden) anzugeben,
denn Straßen- und Schienenverkehrslärm
ändern sich in den drei Lärmparametern Anzahl, Dauer und Pegel
ständig - und damit auch von Nacht zu Nacht.
Die Beschreibung von Verkehrslärm zeigt:
Weder für den Straßenverkehr noch für den Schienenverkehr
kann während oder nach einer Vorbeifahrt vorausgesagt werden,
wie groß die Anzahl möglicher Schlafstörungen
infolge dieser Vorbeifahrt war.
Die Anzahl möglicher Schlafstörungen während einer Nacht
kann nicht vorausgesagt werden, denn diese Anzahl
ist abhängig von
- dem Frequenzbereich des jeweiligen Vorbeifahrpegels
- der Höhe des Maximalpegels und des mittleren Vorbeifahrpegels
(in dem angegebenen Frequenzbereich) und
- der Dauer des maximalen und des mittleren Vorbeifahrpegels jedes einzelnen
vorbeifahrenden Fahrzeugs.
Daher kann interpretiert werden:
Für einen schlafenden Anwohner an einem Straßen- oder Schienenweg
kann die Aufwach-Wahrscheinlichkeit infolge einer Vorbeifahrt eines Fahrzeugs
auf einer Straße oder einer Schiene nicht vorhergesagt werden.
Ursache: Schienenverkehrslärm
Wirkung: Aufweckreaktionen
("Lieber viele kurze als wenige lange Vorbeifahrpegel" oder
"Lieber viele kurze leisere als wenige lange lautere Vorbeifahrpegel"?)
5. Mögliche Maßnahmen zur Minderung der Höhe der Vorbeifahrpegel
von Güterzügen
5.1 Halbierung der Geschwindigkeit zwischen 00.00 und 04:00 Uhr in Wohngebieten
innerhalb geschlossener Ortschaften
5.2 Bekanntgabe der Anzahlen von Güterzug-Vorbeifahrten an den einzelnen
Wochentagen (für verschiedene Richtungen)
5.3 (mittlere und) maximale Dauer der Vorbeifahrten
Es ist nicht möglich vorherzusagen,
- ob Schienenverkehrslärm einen
schlafenden Anwohner aufweckt, während Straßenverkehrslärm
bei gleichem Nacht-Mittelungspegel zu keiner Aufweckreaktion führt -
oder (umgekehrt):
- ob Straßenverkehrslärm einen
schlafenden Anwohner aufweckt,
während Schienenverkehrslärm
bei gleichem Nacht-Mittelungspegel zu keiner Aufweckreaktion führt!
Hannover, 29. November 2018